Sonntag, 19. September 2021

Nächtliche VISION

Ich sehe ein Tier - einem Octopus ähnlich.

Er lebt in allen irdischen Räumen, kommt im und unter dem Wasser vor, kann aber auch durch unsere Umgebung fliegen. Was er scheut, ist zu viel Licht und Trockenheit.

Stolz präsentiert er sich mir. Erklärt, was er alles mit seinen tausend Tentakeln berührt, vergiftet, gefangen hat. Ich versuche, ihn nicht meine Angst wahrnehmen zu lassen und frage, wo denn die ganzen Gefangenen seien. 

Er lacht und sagt: „Du willst wohl dahin gehen und sie befreien?

Vergiss es. Sie sind überall. Dreh dich nur einmal um und schaue!“

Das tue ich und sehe alle möglichen Leute, die sich frei bewegen.


Da sagt der Octopus zu mir: 

„Das ist die neue Generation von Gefangenschaft. Die Leute merken gar nicht, dass sie gefangen sind.“


Ich frage: „Wie kann ich sie befreien?“

Er: „Gar nicht. Merkst du doch. Sie sind davon überzeugt, dass sie frei sind und du die Gefangene bist.“



Samstag, 18. September 2021

Was kommt nach dem Schrei?

Was kommt nach dem Schrei?

Was kommt nach dem unerträglichen Schmerz?

Was kommt nach dem Schrei?

Was kommt nach dem Hilferuf, der nicht verstanden wird?

Was kommt nach dem Schrei?

Was kommt nach dem Rückzug? 

Was kommt nach dem Schrei?

Was kommt nach dem Schweigen?


Was kommt nach dem Schrei,

der so laut ist, dass kein Ohr auf dieser Welt ihn hört?


Was kommt nach dem Schrei?

Mittwoch, 15. September 2021

Ich halte es (nicht mehr) aus

 Ich halte es nicht mehr aus.

Zu schmerzhaft. 

Unerträglich!

Aussichtslos!

Ich schreie, doch niemand scheint mich zu hören.

Ich schreie lauter.

Ich schreie anders! Schrill! 

Wie ein Tier, das geschlachtet wird.

Ein Messer durchdringt mein Herz.

Der Schmerz zerreißt mein Innerstes.

Das wird man nicht mehr heilen können.

Arterien, durch die ein Rest von Lebenselixier gepumpt wird, platzen.

Ich blute aus, fühle, wie das Leben aus mir weicht.

Ich bin nicht ganz dicht.

Ich bin außer mir.

Nicht mehr da, wo ich hingehöre.


Doch niemand merkt, dass etwas nicht ganz in Ordnung ist.


Donnerstag, 9. September 2021

Hannah Ahrendt

 Arendt* vertrat ein Konzept von „Pluralität“ im politischen Raum. Demnach bestehe zwischen den Menschen eine potentielle Freiheit und Gleichheit in der Politik. Wichtig sei es, die Perspektive des anderen einzunehmen. An politischen Vereinbarungen, Verträgen und Verfassungen sollten auf möglichst konkreten Ebenen gewillte und geeignete Personen beteiligt sein. Aufgrund dieser Auffassung stand Arendt rein repräsentativen Demokratien kritisch gegenüber und bevorzugte Rätesysteme sowie Formen direkter Demokratie.“ wiki

Ich bin davon überzeugt, dass unsere Gesellschaft eine Veränderung benötigt. Es kann nicht sein, dass sich unsere „politische Verantwortung“ darin erschöpft, alle  vierJahre ein oder zwei Kreuze zu machen.

Ich habe lange gesagt, ich sei kein politischer Mensch. Damit meinte ich aber eher, dass mich die parlamentarische Diskussion nicht interessiert, weil ich zunehmend den Eindruck hatte, dass es da nicht um wirklich Überzeugungen geht und einige wichtige Belange, die mich betreffen, nicht erörtert werden. Ich  möchte diese Struktur nicht abschaffen, sondern durch basisdemokratische Strukturen ergänzen. Berlin kann nicht jedem Ort, jeder Organisation in meinem nahen Umfeld entsprechen.


Ich habe etwas Einblick in das Denken von Hannah Ahrendt bekommen und empfinde ihre Gedanken in der gegenwärtigen Situation als hilfreich.

Spaltung in der Gesellschaft zu überwinden ist politisches Handeln. Es klappt nur, wenn wir offen für die Möglichkeit bleiben, dass unsere derzeitigen Gedanken, Haltungen und Handlungen NICHT richtig sind, oder nur teilweise.

Wer aufhört, andere Meinungen gelten zu lassen, wer anders Denkenden nicht zuhört, den überführt schon der obige Absatz

das alleine ist schon falsch.


Auch für die parlamentarischen Debatten wünsche ich mir, dass die Politiker einander mehr zuhören und weniger Schauspiel veranstalten. Ihre eigenen Ideen immer wieder hinterfragen und sich weiterbewegen.

Dahin kommen wir, in dem wir bei uns, in unseren Familien, Freundeskreisen, in unseren Gemeinden, Städten, Kommunen beginnen.


* Hannah Arendt, geboren am  14. Oktober 1906 als Johanna Arendt in Linden, heutiger Stadtteil von Hannover; gestorben am 4. Dezember 1975 in New York City) war eine jüdische deutsch-US-amerikanische politische Theoretikerin und Publizistin.